Veranstalter pleite: Zehntausende Hamburger bleiben wohl auf Kosten für teure „Aida“-Karten sitzen



Wiebke Tomescheit

Die Kartenpreise lagen teils bei weit über hundert Euro: Dafür geboten werden sollten eine gigantische Kulisse, Star-Sänger – und Plácido Domingo am Dirigentenpult. „Aida“ versprach De-luxe-Operngenuss im Volksparkstadion. Die Qualität der Show dürfte Zehntausende Hamburger, die Tickets gekauft haben, aber derzeit nicht interessieren. Die eigentlich für diesen Sonntag geplante Oper für rund 40 000 Zuschauer wurde nämlich erst wegen Produktionsproblemen auf den 30. Juni 2018 verschoben – und nun stehen alle, die das Geld für die Karten zurückwollen, vor einem Problem.

Denn wahrscheinlich werden sie das nicht wiederbekommen – und ob ihre Tickets für die Ersatzshow 2018 überhaupt gültig sind, ist auch noch völlig unklar! Der Veranstalter „Art & Entertainment Live“ aus Düsseldorf ist pleite.

„Leider können wir Ihren Anruf derzeit nicht entgegennehmen“, sagt eine Frauenstimme vom Band, wenn man es per Telefon beim Veranstalter versucht. Sie gibt anschließend direkt brav die Mailadresse an, an die man sich wegen Kartenrückerstattungen wenden solle – offenbar ist das alles, was die Firma ihren Anrufern noch zu sagen hat.

Post, die man an „Art & Entertainment Live“ schickt, kommt zurück. Die Firma ist unter der angegebenen Adresse nicht zu finden. Tatsächlich verrät der Ticketanbieter „Der Ticketservice“ aus Köln, dass der Veranstalter „kein Geld mehr“ habe und noch unklar sei, „woher“ die Mittel für die Rückerstattungen nun kommen sollen. Entscheiden wird sich das in den nächsten Wochen.

Das große Ticketportal „Ticketmaster“ weiß: „Zwischenzeitlich wurde die Planung und Durchführung der Tour von einem neuen Veranstalter übernommen.“ „Art & Entertainment Live“ habe auf bisherige „Anforderungen und Mahnungen“ nur angegeben, man wolle sich selbst um die Rückzahlungen kümmern. Aber auch „Ticketmaster“ hat so seine Zweifel daran, dass das für die Kunden zufriedenstellend ablaufen wird. Man habe inzwischen den Rechtsweg eingeleitet, heißt es.

Derzeit verhandeln die Ticketanbieter mit dem neuen Veranstalter, „Music Pool International“ aus Berlin, ob die gekauften Tickets überhaupt für die Termine 2018 gelten werden – man äußert sich hierzu aber optimistisch.

Als Käufer kann man sich da ziemlich alleingelassen fühlen. Was nun? „Man kann natürlich klagen“, sagt Juristin Julia Rehbeck von der Hamburger Verbraucherzentrale, „aber da sollte man aufpassen, dass man seinem Geld nicht noch mehr Geld hinterherwirft.“

Wenn sich in den nächsten Wochen entscheidet, dass „Art & Entertainment“ die Insolvenz einleitet, können die Betroffenen ihr Geld aus der Insolvenzmasse einfordern. Der Rat der Juristin: „Abwarten.“ Der Anspruch auf Rückzahlung verjährt erst nach drei Jahren.

Und wer jetzt darüber nachdenkt, sich Tickets für „Aida“ 2018 kaufen zu wollen: Warten Sie vielleicht lieber, bis das erste Konzert der Tour tatsächlich stattgefunden hat. Denn bei „Music Pool International“ möchte man derzeit nicht nur über die weitere Gültigkeit der schon gekauften Tickets nicht sprechen, sondern generell gar nicht über das Thema „Aida“…


aus: Hamburger Morgenpost, S. 30/31, 1. Juni 2017