Wiebke Tomescheit
Simone Felice
„Strangers“ 3 Sterne
Zurück aus der Zwischenwelt. „Strangers“ ist Simone Felice'
zweites Soloalbum nach jener dramatischen Operation am offenen Herzen, die ihm
2010 knapp das Leben rettete.
Warum das immer noch ein Thema ist, wird deutlich, wenn man
dieses Album mit seinem Solodebut vergleicht. Was vor zwei Jahren noch
introvertiert, fragil und etwas farblos klang - eben so, als käme es von einem,
der dem Tod mit zittrigen Knien von der Schippe gesprungen ist - ließ manchen
Fan ratlos zurück. Das enthusiastische „Strangers“ kommt mit mehr Schmackes
daher und wird die Skeptiker versöhnen.
Statt knietief in Vergänglichkeit zu waten, feiert Felice
hier in zehn Stücken das pralle Leben. Das beginnt schon mit der Vorab-Single
„Molly-O!“, die auch den Album-Auftakt bildet. Der launige Song trägt dylaneske
Züge, wie man das noch aus Zeiten der frühen Felice Brothers kennt. Mit von der
Partie sind hier die Lumineers-Mitglieder Wesley Schultz und Jeremiah Fraites.
Aber selbst die melancholischeren Stücke wie das hymnische „Running Through My Head“ oder „Heartland“ kommen kraftvoll daher.
Aber selbst die melancholischeren Stücke wie das hymnische „Running Through My Head“ oder „Heartland“ kommen kraftvoll daher.
Das liegt nicht zuletzt an der sorgsamen Produktion und der
satten Instrumentierung. Besonders penibel aufpoliert: „Bye Bye Palenville“.
Diese unverschämt emotionale Ode an Felice' Heimatstadt in den Catskills ruft
gar vage Erinnerungen an die Opulenz der fast vergessenen Lucky Jim wach. Einer
der Höhepunkte des Albums.
Zum Überschwang der Felice Brothers will und wird der
36-Jährige wohl aber nicht mehr zurückkehren. „Strangers“ ist nichts für die,
denen Befindlichkeitsmusik per se ein Gräuel ist. Doch Felice liefert selbst
die gefühlsgetränkten Balladen mit Verve und Entschlossenheit ab. Und bewegt
sich so immer weiter vom ewigen Überlebenden weg. Im letzten Stück, „The
Gallows“, singt er es selbst: „Yes, I'm On My Way“.
Team Love/Indigo