Der irische Songwriter Damien Rice (42) spielte im Stadtpark ein herzzerreißendes Konzert



Wiebke Tomescheit

An alle, die am Montag mit ihrem jeweiligen romantischen Partner im Stadtpark beim wunderbaren Konzert von Damien Rice waren: Sorry. Wisst ihr selber. Ihr habt bestimmt das Beste draus gemacht und nur ganz wenig an eure vergangenen Verfehlungen, Lieben oder die Verfehlungen eurer vergangenen Lieben gedacht.

Als ob.

Besser aufgestellt war man eindeutig mit guten Freunden an seiner Seite. Guten alten Freunden, die all die kleinen Löcher im eigenen Herzen kennen, und man selber ihre. So war man zumindest ein wenig gewappnet für die herzzerfleischenden Balladen des irischen Songwriters – über die Liebe, den Selbstbetrug und das Leben.

Ganz allein steht er auf der Bühne. Und bleibt es bis fast zum Ende auch. Nur einige Scheinwerfer bilden die „Lightshow“, allerdings sehr effektvoll eingesetzt. Dank Rice’ grandiosen Lieder, seiner Ausstrahlung und nicht zuletzt des exzellent eingestellten Sounds vermisst man aber keine Band.
Rice sang für ein Publikum, das mucksmäuschenstill seinen tieftraurigen Songs lauschte.

Wenn der Ire eine als besonders seelensezierend bekannte Nummer anstimmte, war mitunter höchstens ein kehliges Ächzen zu hören: Das kann doch nicht sein Ernst sein: Er kann doch jetzt nicht „Amie“ spielen, nicht „Nine Crimes“ und dann nicht auch noch „The Blower’s Daughter“! So viel Gefühl kann doch kein Mensch aushalten, so viel Rotwein aus Plastikbechern kann doch niemand trinken!

Als es nach gut der Hälfte der Show zu regnen beginnt, nehmen die Zuhörer das ergeben hin. Irgendwie komplettiert es die mitreißende Melancholie des Abends. Findet auch Rice: „Ich schätze, das passt jetzt gut“, sagt er – und setzt zum Song „Cold Water“ an. Schelm.

Zum Schluss gibt’s dann – zusammen mit der tollen Vorband Hanna Leess – noch das Prince-Cover „When Doves Cry“ und eine grandiose Version von „Volcano“. Zu sagen, dass das sehr schön war, wäre untertrieben. Die Band Echt war es, die mal fragten: „Weinst du, oder ist es der Regen?“ Ihr könnt ruhig alle „Regen“ rufen.

Als ob.

Am Ende ist es die strenge 22-Uhr-Grenze, die dem Konzert ein Ende setzt. Publikum und Sänger scheinen gleichermaßen unwillig zu gehen. Wir stehen noch, Damien, Du hast uns noch nicht gänzlich niedergerungen, wir hätten noch ein paar Songs ausgehalten. Und ja, auch ein Rotwein wäre noch gegangen! 

Gegangen ist nach zwei wunderbaren Stunden dann aber Rice. Und die Fans folgten – um sich zu Hause bei einem letzten Gläschen von dieser Tortur zu erholen.

aus: Hamburger Morgenpost, S. 39, 10. August 2016