Die neueste Hamburger Schule


Wiebke Tomescheit
 

Die neueste Hamburger Schule

 
Fangen wir beim Ende an. Die große Zeit der "Hamburger Schule", sie war spätestens da vorbei, als Dirk von Lowtzow nach Berlin zog. In Hamburg kehrte Tristesse ein, dann gab es da 1000Robota, die uns nach großen Worten und zwei Alben aber irgendwie unzufrieden zurückließen. Dann mehr Tristesse.

Bis März.

Da erschien "Vis A Vis", das Album einer jungen Band namens Findus. Der parolenhaften Refrain "Hamburg, du Mörder!" brachte scheinbar mit einem Schlag die Wut zurück in die seit langem so passiv wirkende hansestädtische Jugendkultur.
Seitdem singt Hamburg wieder über sich selbst: Findus ätzen gegen die HafenCity, Game Ove beklagt die orangefarbenen Wandfliesen im Bahnhof Altona. Und Trümmer singen nur mäßig codiert: "Entgegen aller Bedenken / leb ich immer noch in dieser Stadt / die außer ein paar Kneipen / nicht wirklich was zu bieten hat".

Trümmer. Diese Band, über die seit August jeder spricht, und wenn er Musikjournalist ist, mit einem fast dankbaren Lächeln im Gesicht. Das Trio um Sänger Paul Pötsch ist die logische Weiterführung der Bewegung. Wo Findus und Bands wie Matula eher auf Punk setzten, sind Trümmer eine Rockband. Und, ach, den jungen Tocotronic so ähnlich. Nur: tanzbarer und zugänglicher. Denn das aktuelle Publikum will nicht bei einem Rotwein über Texte diskutieren. Es will feiern.

Die Zeit war offenbar reif für Neues. Auch für neues Altes. Schon Marcus Wiebusch hatte da etwas in der Luft erschnuppert, als er sein überraschend kantiges, sozialkritisches Soloalbum aufnahm. Auch die Sterne ließen wieder von sich hören – und gar Blumfeld feierten eine kleine Reunion.

Wie's in Hamburg aussieht? Momentan ausgesprochen spannend.